Nr. 11: Bridgestone V02F VM & V02R

    Testperson: Jürgen Geyer 

    Jürgen Geyer absolvierte erst vor sieben Jahren den Motorrad-Führerschein, begeisterte sich aber gleich für das Fahren auf Rennstrecken. Der inzwischen 35-jährige Automobil-Verkaufsberater aus Fellbach begann mit einer Honda Fireblade, danach folgten mehrere BMW S 1000 RR, inzwischen steuert eine Yamaha R1. Damit kreist er nicht nur bei Trackdays, sondern bestreitet auch Seriensport-Rennen im Reinoldus Langstrecken-Cup (DLC) am Nürburgring. Bei diesen Wettbewerben bilden drei Fahrer ein Team, jeder pilotiert aber seine eigene Maschine; beim Boxenstopp wird nur der Transponder für die Zeitnahme umgesteckt.

    In punkto Slickbereifung für Rennstrecken hat Jürgen Geyer bereits reichlich Erfahrung gesammelt: »Zunächst bin ich Pirelli gefahren. Dann habe ich Dunlop ausprobiert, was aber nicht so meins war, von der Kontur des Vorderreifens her. Dann bin ich umgestiegen auf Bridgestone, war mit dem Vorderreifen V02F aber nicht so glücklich und habe deswegen auf Mischbereifung umgestellt, vorne Pirelli und hinten Bridgestone. Denn Pirelli SC1 oder SC3 vorne sind tipptopp, seit es die aktuellen Mischungen gibt und auch wesentlich haltbarer.«

    Diesen Markenmix, mit Pirelli vorne und Bridgestone hinten fahren in der DLC-Szene viele. Jürgen Geyer: „Der alte Bridgestone Vorderreifen hat nicht so toll funktioniert. Ich habe pro Hinterrad einen Vorderreifen verbraucht. Bei Pirelli hielt ein Vorderreifen zwei Hinterradreifen lang. Auch die Karkasse, das Feedback, wie der Pirelli arbeitet, fühlte sich besser an. Den alten V02F bin ich überwiegend in der Medium-Mischung  gefahren; der Soft war zwar besser, aber auch nicht so viel.«

    TRACK-TIME!

    Insofern passte es gut, dass Bridgestone dieses Jahr einen neuen Vorderradreifen auf den Markt brachte, den V02F VM. Ein erster anvisierter Test des neuen Gummis mit Jürgen Geyer für die Track-Time-Reifentestserie musste wegen unbeabsichtigter Kaltverformung gleich zweimal verschoben werden. Einmal kippte Jürgen Geyer unfreiwillig um, einmal ein guter Freund, der sich Geyers YZF-R1 ausgeliehen hatte. Der Neuaufbau der Yamaha zog sich jeweils länger als erwartet hin, so dass der Reifentest erst Anfang Oktober möglich war, und zwar beim vorletzten Reinoldus Langstrecken-Cup-Event am Nürburgring.


    Das Testbike: Yamaha YZF-R1 (RN32)

    Yamaha YZF-R1, Bj. 2017, km-Stand 4.000.

    Umbauten für Trackdays: Titan-Auspuffanlage, Rennverkleidung und Höcker, gefräster Heckrahmen von Gilles, Lighttech-Rastenanlage, Öhlins-Federbein und FGRT-Gabel mit gefrästen Gabelfüssen, Kit-Kabelbaum und großer Kühler, Steuergerät im Heck montiert statt sturzgefährdet links unter der Verkleidung, OZ-Racing-Felgen, Magura-Bremspumpe, Hinterrad-Schnellwechselsystem.

    TRACK-TIME!

    Jürgen Geyers Reifen-Ansprüche

    »Ein Rennreifen muss von der Haltbarkeit akzeptabel sein, trotzdem guten Gripp bieten. Auch das Feedback muss stimmen, damit ich weiss, was ich ihm zumuten kann. Der Gummi sollte ebenfalls hohe Temperaturen problemfrei aushalten, der Preis muss auch stimmen.«

    Das Trackday-Event

    Gefahren wurde nicht bei einem Renntraining, sondern bei einem Lauf zum Reinoldus Langstrecken-Cup (DLC) am Nürburgring. Bei 5 Veranstaltungen pro Jahr werden vier 6h-Rennen und ein 8h-Rennen abgewickelt. Das Training geht am gleichen Tag vormittags über die Bühne.


    Test-Reifensatz: Bridgestone Racing Battlax V02F VM (Soft) & V02R (Soft)

    Vorderrad-Dimension: 120/600 R 17 (Gummimischung: Soft)
    Produktionsdatum: 19. Woche 2018
    https://www.motorradreifendirekt.de/Bridgestone/V02-F/120-600-R-17--/p/R-254195

    Hinterrad-Dimension: 200/655 R 17 (Gummimischung Soft)
    Produktionsdatum: 10. Woche 2018
    https://www.motorradreifendirekt.de/Bridgestone/V02-R/200-655-R-17--/p/R-301348

    TRACK-TIME!


    Charakteristik laut Hersteller

    Der Bridgestone Racing Battlax V02F VM ist ein neuer Vorderrad-Slick für die Rennstrecke und seit dem dritten Quartal 2018 im Handel verfügbar. Der Vorgänger Racing Battlax V02F läuft aus. Die Besonderheit des weiter entwickelten VM-Typs ist die neue Konstruktion der Radial-Karkasse. Der Spiralfaden ist nicht gleichmäßig über die Lauffläche aufgespult, sondern mittig enger und zu den Flanken hin mit weiterem Abstand. Das Kürzel VM »Variable Monospiral« lässt sich mit »Variable Gürtelkonstruktion« übersetzen. Die VM-Konstruktion variiert die Steifigkeit auf der Lauffläche. Die steife Karkasse in der Mitte der Lauffläche gestattet hohe Stabilität auf der Bremse und präzises Einlenken; die weichere Karkasse auf den Flanken erlaubt eine optimierte Haftung beim Einlenken und in Schräglage sowie reichlich Traktion am Kurvenausgang. Der neue VM-Vorderreifen wird in zwei Mischungen angeboten – Soft oder Medium. Der dazu passende Hinterradreifen Battlax V02R blieb unverändert und entspricht jenem Slick, der seit 2016 im Bridgestone-Programm ist.


    Reifenfakten/Test-Strecke

    Montiert auf OZ-Zubehörfelgen: Vorne 3,5 Zoll Breite, hinten 6 Zoll Breite
    Gemessene Breite der Lauffläche: Vorne 17 cm, hinten 25 cm
    Montierbarkeit: Problemlos; vorne wie hinten
    Reifenwärmer: HSR und KLS Pro, Heiztemperatur 80°C

    Reifenbezug über: MotorradreifenDirekt.de (www.motorradreifendirekt.de)

    Test-Strecke: Nürburgring GP-Strecke (Länge 5,137 km) am 2. September 2018
    Fahrzeit im Training:
    Freies Training und Zeittraining, zweimal 4 Runden
    Fahrzeit im Rennen (1 von 3 Fahrern): 3 x 17 Runden plus 8 Runden

    Luftdruck-Empfehlung von Bridgestone:
    Luftdruck (heiss, gemessen nach dem Fahrbetrieb): Vorne 2,2 bis 2,3 bar / hinten 1,6 bis 1,7 bar
    (Bridgestone empfiehlt ausdrücklich, nicht weniger einzustellen)

     


    Renntag, vormittags: Freies und gezeitetes Training

    Wetter trocken, Fahrzeit jeweils 4 Runden
    Temperatur Session 1: Luft 10 Grad, Asphalt 18 Grad
    Temperatur Session 2: Luft 12 Grad, Asphalt 19 Grad
    Eingestellter Luftdruck (heiss gemessen, nach dem Fahren): Vorne 2,25 bar, hinten 1,6 bar.

    TRACK-TIME!

    Jürgen Geyer: »Im Training am Morgen war es in der Eifel noch relativ kühl, aber der neue Bridgestone VM-Vorderreifen in Soft hat gleich einen guten Eindruck vermittelt. Bisher kannte ich den Vorgänger in Medium, jetzt war das ein neues Gefühl. Es fühlt sich weicher an und vermittelt besseres Feedback als beim Vorgänger; mir hat es mehr Sicherheit vermittelt. Der Gripp war gut, auch das Liniehalten hat gut geklappt. In der Summe in freiem und gezeitetem Training bin ich 8 Runden gefahren, auf der GP-Strecke, also mit der Dunlop-Kehre. Das Reifenbild sieht sehr gut aus, wie geleckt. Jetzt bin ich gespannt, wie es sich verhält, wenn die Temperaturen hochgehen.«


    Renntag, mittags: Rennsession 1 + 2

    Wetter trocken, Fahrzeit jeweils 17 Runden
    Temperatur Stint 1: Luft 17 Grad, Asphalt 23 Grad
    Temperatur Stint 2: Luft 17 Grad, Asphalt 22 Grad
    Eingestellter Luftdruck (heiss gemessen, nach der Fahrsession): Vorne 2,3 bar, hinten 1,6 bar

    Jürgen Geyer: »Der Vorderreifen hat ohne Probleme funktioniert. Ich habe mir etwas Zeit gelassen, meinen Rhythmus zu finden, weil ich im Juni hier am Nürburgring einen üblen Highspeed-Crash hatte, der noch nicht ganz aus dem Kopf ist. Mir ist dabei gar nichts passiert, aber meine R1 hat sich mehrfach überschlagen und ist weit geflogen; alles war krumm. Jedenfalls wurde das Feeling jetzt immer besser, ich glaube jetzt verstehe ich den neuen Vorderreifen ganz gut. Der Reifen ist tipptopp, muss man echt sagen, richtig geil und eine andere Welt gegenüber dem Vorgänger.«

    TRACK-TIME!

    »Der Bridgestone VM ist zielgenau und vermittelt eine Präzision in Schräglage, die mit dem Vorgänger nicht möglich war und bietet einfach mehr Reserven. Ich meine zu spüren, dass die Mitte der Karkasse steifer ist, weil ich hatte leichtes Chattering in der Bremszone vor der Start-Kurve, wegen der Wellen, die dort im Asphalt sind. Ankert man dort zu hart, kann vorne Bewegung reinkommen, was an der Strecke liegt. Dennoch ist zu spüren, dass der Reifen beim Geradeausfahren und beim Bremsen zwar eine hohe Eigendämpfung hat, trotzdem aber relativ steif ist, was ihn gleichzeitig unheimlich bremsstabil macht«.

    »Das Hauptproblem des alten Vorderreifens war der hohe Verschleiß, damit das Motorrad in Schräglage nicht nach außen schiebt. Der hatte seine Tücken, insbesondere wenn es ein paar Grad zu kühl war, was bei uns auf der Langstrecke ja doch ab und zu vorkommt. Wie meine beiden Teamkollegen bin ich deshalb ein Pirelli-SC3-Vorderrad im Mix mit einem Bridgestone-Hinterradreifen gefahren. Das hat super funktioniert, denn der V02R ist wirklich eine Macht. Nicht zu teuer, langlebig und klares Feedback über die ganze Lebendauer. Natürlich hat auch dieser Reifen einen Peak, der ist ganz am Anfang, nach 2 bis 4 Runden, dann geht der Gripp etwas runter, aber dieses Niveau bleibt dann konstant, bis der Reifen runtergefahren ist und keine Indikatoren mehr zu sehen sind.«

    »Wie groß der Unterschied mit dem Soft-Hinterrad zu der Medium-Mischung ist? Bei uns hat der Medium meist eine Session mehr verkraftet. Dafür bietet der Soft mehr Gripp. Dieses Mehr an Gripp umzusetzen, ist aber nicht ganz so einfach. Wir lenken mit der Leistung einer 1000er am Kurvenausgang viel mit dem Hinterrad, indem wir Schlupf generieren und dann eine engere Linie fahren können, obwohl wir mehr Gas geben. Das ist mit dem soften Hinterrad nicht so, damit geht es erstmal nur vorwärts. Man muss also die Linienwahl anpassen und den Zeitpunkt, wann man ans Gas geht, erst dann lassen sich die Vorteile des Mehrgripp auch nutzen. Das macht bei der Rundenzeit dann eine halbe bis eine Sekunde aus.«

    TRACK-TIME!


    Renntag, nachmittags: Rennsession 3 + 4

    Wetter trocken, Fahrzeit 17 Runden und zum Schluss nochmal 8 Runden
    Temperatur Stint 3: Luft 15 Grad, Asphalt 21 Grad
    Temperatur Stint 4: Luft 13 Grad, Asphalt 18 Grad
    Eingestellter Luftdruck (heiss gemessen, nach der Fahrsession): Vorne 2,3 bar, hinten 1,6 bar

    Zwischen der zweiten und der dritten Rennsession gab es nach einen Rennunfall und langwieriger Reinigung wegen Öl auf der Piste eine Zwangspause über eineinviertel Stunden. Diese Zeit wurde genutzt, vorsorglich hinten einen neuen Bridgestone V02R-Hinterreifen einzustecken, der bereits auf einer Ersatzfelge fertig montiert war.

    Jürgen Geyer: »Ich habe diesen Reifenwechsel vorgezogen, um auf jeden Fall bis ins Ziel damit durchfahren zu können, unabhängig davon, wie lange die Unterbrechung dauern würde. Ich fahre mit meinem Team um die DLC-Meisterschaft, da geht man lieber auf Nummer Sicher und spendiert einen neuen Gummi, auch wenn der bisherige noch eine Weile weiter gehalten hätte.«

    »Der VM-Vorderreifen blieb aufgezogen, der sah noch super aus. Ende der dritten Renn-Session hatte ich zwar das Gefühl, dass es vorne etwas weniger zielgenau wird, es blieb aber vollkommen kalkulierbar und in Ordnung. Das kann jedoch auch Einbildung gewesen sein, weil die Asphalttemperaturen etwas gefallen sind. Im letzten Stint bis ins Ziel, auch wenn dieser kürzer ausfiel, funktionierte der Frontgummi wieder präziser. Möglicherweise bin ich einfach sauberer gefahren und meine Konzentration war höher.«

    TRACK-TIME!

    »Grundsätzlich denke ich, dass der Bridgestone V02F VM, wenn die Temperaturen zwischen normalen 25 bis 30 Grad liegen, tipptopp funktioniert. Bei uns war es am Ende deutlich kühler, dazu kam noch viel Wind dazu. Das war schon etwas tricky, aber so ist halt die Eifel, noch dazu im Herbst.«

    Das RLC-Rennen am Nürburgring beendete Jürgen Geyer mit seinen Viva Racing-Teamkollegen Phillip Becker und Thomas Jansen auf dem zweiten Platz, sowohl in der Klasse 1 als auch in der Gesamtwertung. Beim DLC-Finale vier Wochen später siegte das Yamaha YZF-R1-Trio und gewann damit die Reinoldus Langstrecken-Cup-Meisterschaft 2018 in der Klasse 1 nach insgesamt 5 Renn-Events vor den Teams von National Moto und BAZINGA R1. Dazu gratulieren MotorradreifenDirekt.de und die Rennreifen-Testserie Track-Time ganz herzlich!

    TRACK-TIME!


    Zweite Meinung zum Bridgestone Slick V02 Front VM

    Michael Rapp fährt wie Jürgen Geyer für das Viva Racing Team, allerdings mit einer Aprilia RSV4 in der Endurance-Klasse 4 des Reinoldus Langstrecken Cups, in der drei Fahrer zusammen ein Motorrad steuern. Der 32-jährige Aprilia- und Moto-Guzzi-Händler aus Straubing schildert seine Erfahrungen mit dem neuen Bridgestone VM-Vorderreifen:

    Michael Rapp: »Zu Beginn der Saison 2018 fuhren wir auf dem Vorderrad den Bridgestone R11, der profiliert ist, auf Grund der identischen VM-Konstruktion aber sehr ähnlich funktioniert. Als dann der Slick V02 Front VM erhältlich war, sind wir einen Test zum Vergleich mit dem SC3-Vorderrad von Pirelli gefahren. Ich finde, dass SC3 und V02F VM absolut gleichwertig funktionieren.«

    TRACK-TIME!

    »Dass der Bridgestone V02F VM anders als der Vorgänger konstruiert ist, ist deutlich zu spüren. Bei der Bremsstabilität und in Schräglage. Das fühlt sich jetzt besser und stabiler an. Der Vorgänger ist in Kurven so reingekippt, dass man meinte, die Karkasse gibt nach. Jetzt baut sich vertrauenvoller Gripp auf. Auch die Lebensdauer ist besser. Wir wechseln zwar immer noch nach 4 Stunden, aber eher für den Kopf; ich denke, der neue VM lässt sich auch 6 Stunden durchfahren.«

    »Pirelli hat es mit dem SC3 als Erster richtig hinbekommen, dass das Vorderrad beim Einlenken stabil bleibt. Reinbremsen in die Kurven, mit viel Last auf dem Vorderrad, kann Bridgestones VM inzwischen aber auch. Wir haben 2018 die 1000 Kilometer Hockenheim und die fünf Rennen am Nürburgring zum Reinoldus Cup mit dem Bridgestone VM bestritten. Die Saison zuvor sind wir einen Mix gefahren: Pirelli SC3 auf dem Vorderrad und auf dem Hinterrad den Bridgestone V02 Rear. Dieses Jahr hatten wir komplett Bridgestone aufgezogen und das hat einwandfrei funktioniert.«

    TRACK-TIME!

    »Mein Eindruck ist, dass der Bridgestone V02 Front VM einen Tick präziser führt als der profilierte R11. Das Motorrad bleibt auf der Bremse stabil und ruhig, man kann korrigieren, wenn mal Bewegung reinkommt, alles bleibt kontrollierbar. Das war mit dem Vorgänger nicht möglich. Die Kollegen sehen das genauso. Positiv auch: Der Preis des Bridgestone VM ist gleich geblieben gegenüber dem Vorgängerpneu. Auch beim Hinterrad blieb der Preis stabil, keine Preiserhöhung.«

     


    TRACK-TIME!

    TRACK-TIME!

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